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23.06.2018
Themenbeitrag

Ich will doch nur Spielen


Bild von: MagicZyks


Die Profile der Sklavenzentrale postulieren in manigfaltigen Facetten „Ich spiele nicht“, „SM ist für mich kein Spiel“, „Dominanz ist kein Spiel“, ich bin naturdominant, naturdevot, usw.

SMer, die ihre Neigung als spielerisches Element ihrer Sexualität begreifen, rangieren für viele Mitglieder kurz vor Fakes oder werden auch gern mal als Mode-SMer betitelt.

Warum hat das Spiel ein so schlechtes Image?

Ein Grund ist sicher darin zu suchen, dass sich im Sprachgebrauch der Szene der Begriff Spiel für das smige Beschäftigen miteinander Einzug gehalten hat. Im Papiertiger (Datenschlag-Enzyklopädie des Sadomasochismus) einem der ersten Online Lexika für BDSM war zu lesen, was SMer unter Spiel verstehen. Auch Wikipedia benutzt diese Begrifflichkeit in seinem Artikel über BDSM. Dort wird erklärt, was SMer unter einer Spielbeziehung verstehen. Spiel und BDSM wurden zwangsverheiratet. Worüber nicht jeder froh ist.



Glück im Spiel – Unglück in der Liebe


Deutsches Sprichwort




Außerhalb des BDSM gibt es den ONS (One night stand), den schnellen Fick, die Affaire, die Geliebte den Seitensprung, aber keine Spielbeziehung. Das verleiht allen sonstigen sexuellen Interaktionen etwas „handfestes“ und macht allein den SMer zum Spieler.

So wird der Begriff Spiel von vielen abgelehnt, weil er die zum Teil tiefgehende emotionale Bindung zum Spielpartner kleinredet.

Neben diesem quasi hausgemachten Problem kommt hinzu, dass der Spieler generell im sexuellen wie zwischenmenschlichen Kontext wenig Freunde hat. Player und Poser mag niemand. Diese Begriffe haben eine eindeutig negative Konnotation.


Spiel, was ist das überhaupt? Bei Wikipedia liest man:

„Spiel (von althochdeutsch: spil für „Tanzbewegung“) ist eine Tätigkeitsform, Spielen eine Tätigkeit, die zum Vergnügen, zur Entspannung, allein aus Freude an ihrer Ausübung, aber auch als Beruf ausgeführt werden kann.“


Wenn man diese Definition annimmt, so müsste die Aussage zumindest auf einige SMer passen. Nämlich all jene die sagen, dass sie SM allein aus Freude und zum Vergnügen als bereicherndes Element ihrer sexuellen Interaktion ausüben.

Anderen wiederum, vor allem jenen, die sich durch Ablehnung, Selbstzweifel oder ein unangenehmes Outing haben kämpfen müssen, fehlt es beim Begriff Spiel an Ernsthaftigkeit. Jenen ist die Vorstellung zuwider, dass der andere SM nur spielt.

SM erfordert trotz unbestreitbarer spielerischer Elemente eine gewisse Ernsthaftigkeit. Diese stehen aber nicht zwingend im Widerspruch zum Spiel. Schachspieler gelten ebenfalls als sehr ernsthaft, und auch Fußballer verstehen keinen Spass, wenn jemand versucht aus der Abseitsposition ein Tor zu schießen.

Bei aller Geringschätzung die Spieler in einem nicht kleinen Teil der Szene genießen, übersieht man gerne, dass mit dem Spielen auch eine gewisse Freiheit verbunden ist. Fußballspieler können, wenn sie nach dem Turnier auf einem Galaball geladen sind, ihre Stollenschuhe gegen die Ledersohle eintauschen. Das hat Vorteile.

Wenn ich als SMer vehement state: ich spiele nicht, ich bin dominant impliziert dies in gewisser Weise, ich bin so und nicht anders. Das wiederum legt nahe, dass man auch gar nicht anders kann. Wer behauptet immer und überall dominant zu sein, der kann sich vielleicht nicht unterordnen?

Etwas nicht zu können, wird somit beim SM gern mal zur Tugend erklärt. Der Spieler hingegen ist frei, die Rolle anzunehmen, die ihm gerade sinnvoll erscheint. Spieler sind damit zu unrecht in der Szene verpönt. Sie sind die Virtuosen unter den SMern. Diese Gruppe kann auf zwei Hochzeiten tanzen. Das wiederum ist eine Befähigung, die schon immer als sehr verdächtig eingestuft wurde.





Text: M.Zyks
Erstveröffentlichung: Schlagzeilen, März 2017
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